Eine Herausforderung belastet den Immobilienmarkt zusätzlich: die hohen Baukosten. Thomas Trendelkamp (BPD Immobilienentwicklung) griff das eingangs genannte Beispiel einer Wohnung für 620.000 Euro auf. Allgemein würden zu große Wohnungen angeboten. Zudem seien die Standards zu hoch. „Bezahlbaren Wohnraum bekommen wir nur, wenn wir von den hohen Standards herunterkommen.“ Als Beispiel nannte Trendelkamp zu hohe Anforderungen beim Thema Barrierefreiheit. Aufzüge bei mehrgeschossigen Wohnhäusern sollten Standard sein, jedoch machen Auflagen zum Beispiel hinsichtlich der Barrierefreiheit seiner Meinung nach die Wohnungen unnötig großzügig und somit teuer. „Wir müssen mehr schauen, was der Kunde tatsächlich braucht und wofür er bereit ist, Geld auszugeben.“ Um Wohnraum bezahlbar zu machen, „müssen wir das Mindset ändern“, forderte der Experte. Auch beim öffentlich geförderten Wohnraum könnte eine Quote von beispielsweise 20 Prozent bezogen auf barrierefreie Wohnungen helfen, Kosten zu senken und den Bau anzukurbeln.
Von Dämmung bis Steckdosen
Diese Stichworte lieferten den Marktspezialisten viel Stoff für weitere Argumente – das Thema entwickelte sich zum Schwerpunkt der Diskussion. „Wir müssen billiger bauen“, wiederholte Dr. Werner Fliescher (Haus & Grund Düsseldorf und Umgebung) eine Forderung, die er immer wieder vorbringt. „Das Zinsniveau ist nicht übertrieben – die Produkte sind zu teuer für die verfügbaren Einkommen.“ Das liege an regulatorischen Vorgaben. So seien zum Beispiel Vorschriften zu sehr auf Themen wie die optimale Dämmung fixiert. Selbst die Zahl der Steckdosen sei bis ins Kleinste geregelt. Es gebe zu viel Bürokratie, die man abbauen müsse. „Der Bürger will einfach nur eine Wohnung haben.“
Auf Kritik stieß bei den Diskussionsteilnehmern hierbei die starre Haltung bei den Vorschriften. Ein Aspekt wurde von den Experten explizit hervorgehoben – als besonders problematisch: „Wir sind gezwungen, alles nach DIN-Norm zu bauen. Wenn das gelockert würde, könnten wir günstiger bauen“, sagte Alexander Schmitz. „Wir müssen hier dranbleiben“, fügte Fliescher hinzu. Er fürchtet, dass es bei dem Thema politische Widerstände geben werde.

Zumindest die Projektentwickler tun einiges, um das Bauen so günstig wie möglich zu gestalten, ist Thomas Schüttken überzeugt. „Sie reagieren schnell, passen sich den Marktanforderungen an.“ Projekte werden umgeplant und so kompakter und günstiger. Überhaupt führe das am Markt dazu, dass sich Projektentwickler wieder etwas zutrauen nach der Krise.
„Wir müssen wirtschaftlicher planen“, forderte auch Michael Buhk. So müssten Fachplaner ihre Entwürfe korrigieren und zum Beispiel die Planung von Treppenhäusern optimieren. Henning Dieke ergänzte: „Wir müssen innovativer werden, aber auch die Regulierung muss vereinfacht werden.“ Mit dem Hamburg-Standard, der ein Abweichen von überhöhten Baustandards ermögliche, gehe die Hansestadt mit gutem Beispiel voran.“ Förderrichtlinien sollten nicht nach dem Gießkannenprinzip ausgelegt werden, was nur neue Hürden bei der Umsetzung bringe. Dieke erwähnte ebenfalls das zweite Bad, das ja nicht unbedingt auch barrierefrei sein müsse.
Barrierefreiheit nicht einschränken
Klaus Franken griff das Stichwort Barrierefreiheit ebenfalls auf, die er nicht einschränken möchte. „Vereinfachung tut Not, doch den Aufzug wegzulassen, kann nicht die Lösung sein. Aber braucht man 100 Quadratmeter für drei Zimmer?“, fragte er. Ein großes Bad mit begehbarer Dusche sei sinnvoll, einen großen Flur hingegen brauche es nicht. „Wir müssen jene Dinge weglassen, die in der Vermietung den Kunden nicht wichtig sind und umgekehrt“, forderte Franken eine stärkere Fokussierung auf die Nutzerbedürfnisse. Bei den Wohnungsgrößen beobachtet Roger Baumgart (Bonava Deutschland) eine „Renaissance der halben Zimmer“ beziehungsweise Zimmergrößen. Zehn Quadratmeter für Arbeits- oder Gästezimmer fänden wieder mehr Akzeptanz, stellt Baumgart fest. Ein Ansatz, den Entwickler aufgreifen können und der Käufern oder Mietern zugutekommt.
Politik ist jetzt gefordert
Welche Erwartungen haben die Marktexperten an die Politik - konkret: an die neue Bundesregierung? Vieles ergibt sich aus dem bereits Dargestellten: Regulierung zurückfahren, Vorschriften entschärfen. Thomas Schüttken hofft, dass die Regierung Maßnahmen schnell umsetzt. Und Alexander Schmitz meinte: „Wenn lediglich die Vorschriften der Landesbauordnung zu beachten wären, dann wäre das Bauen günstiger.“ Er hofft hier, dass die neue Bundesregierung für Entlastung sorgt und„einen Rahmen schafft, um günstiger bauen zu können“.
Henning Dieke hält zwar öffentlich geförderte Wohnungen für attraktiv, „aber das reicht nur für wenige Wohnungen“. Staatliche Förderung könne nur einen Impuls setzen, aber viel wichtiger sei, „dass sich die Branche neu aufstellt, kreativer und effektiver baut“, meinte Klaus Franken und forderte eine Entschlackung der Fördermittel. Der Catella-Chef motiviert große Kapitalgeber für Investments in Wohnimmobilien und erwartet von der neuen Regierung, Unternehmen freier entscheiden zu lassen. Und Werner Fliescher sieht die Politik nach wie vor in der Pflicht, eine große Aufgabe zu bewältigen: „Ein sinnvolles Ziel bleibt, Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten bezahlbar zu machen.“ JÜRGEN GROSCHE











