Frauen als Mechanikerin in der Autowerkstatt? Selten. Männer mit Schere im Friseursalon? Nur in 16 Prozent der Fälle. „Aber für Gender-Klischees gibt es keinen guten Grund, jeder Ausbildungsberuf im Handwerk kann von Frauen und Männern ausgeübt werden“, sagt Miriam Schulze vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).
Die Statistik im Handwerk zeigt auf den ersten Blick: Männer entscheiden sich eher für gewerblich-technische Berufe. Frauen werden Friseurin oder Goldschmiedin, Schneiderin oder Konditorin. „In Bauberufen sind deutlich weniger Frauen im Einsatz als Männer“, weiß Schulze. Im Gerüstbau ist nicht mal jeder fünfte Beschäftige eine Frau. In Care-Berufen liegt die Zahl der Frauen deutlich höher. Doch warum ist das so? „Das liegt an längst überholten Klischees, die sich aber hartnäckig in den Köpfen halten“, sagt die Verbandsvertreterin. Männer können Mathe. Frauen befassen sich gerne mit Themen rund um die Schönheit und das Kümmern – sagt das Klischee. Diese klassische Verteilung der Ausbildungsberufe auf Männer und Frauen hat jedoch nichts damit zu tun, dass es vor allem bestimmte Fähigkeiten und Talente für einen Beruf braucht.
Vorurteile und feste Rollen lösen sich auf

Miriam Schulze macht die Erfahrung: In vielen Köpfen der Eltern- und Lehrer-Generation ist noch die klassische Berufsverteilung verhaftet. Und dieses Denken wird bewusst oder unbewusst weitergegeben. „Bis Mitte der 1990er-Jahre durften Frauen gar nicht in Bauberufen arbeiten“, erinnert Miriam Schulze. Die körperliche Belastung sei zu hoch, hieß es. „Aber die Zeiten sind vorbei. Es gibt heute moderne Technik, die die körperliche Beanspruchung deutlich verringert.“
Dass sich inzwischen immer mehr junge Frauen für bislang männerdominierte Berufe entscheiden, macht Miriam Schulze Mut: Denn dadurch setzen diese jungen Frauen ein Zeichen und machen anderen Frauen Mut. Ein Beispiel: Optiker oder Zahntechniker sind früher vor allem von Männern besetzt worden. „Das hat sich gedreht“, sagt Miriam Schulze. Und andersrum: Immer mehr Männer werden heute Erzieher. „So überwinden wir Klischees.“


Betriebe wünschen sich gemischte Teams
Im Handwerk gibt es Miriam Schulze zufolge eine große Offenheit für Männer in klassischen Frauenberufen und von Frauen in klassischen Männerberufen. Viele Betriebe würden den Wandel unterstützen – gerade in Zeiten, in denen viele Fachkräfte gebraucht werden. Und das aus gutem Grund: „Gemischte Teams erweisen sich sowohl für den wirtschaftlichen Erfolg als auch für die Atmosphäre als förderlich“, sagt die ZDH-Expertin. Männer und Frauen würden unterschiedlich an Situationen herangehen. „Ich will keine neuen Klischees bedienen“, sagt Schulze, „aber auch beim Thema Kommunikation sind Frauen und Männer oft unterschiedlich unterwegs. Gut, wenn ein Betrieb beides hat.“
Miriam Schulze macht allen jungen Frauen und Männer Mut: „Lebt Euren Traum! Lasst Euch nicht von alten Grenzen aufhalten!“ Und sie hat einen glasklaren Tipp: „Probiert aus, was Euch gefällt!“ Ein Praktikum könne häufig klären, was zu einem passt. An die Lehrer und Jobberater hat sie eine Bitte: „Macht Berufe sichtbarer – und das vorurteilsfrei.“ Jeder Mensch solle nach seinen Stärken und Interessen gefördert und beraten werden – und nicht nach überholten Klischees. Theresa Demski