Die Deutschen arbeiten im Jahr nicht nur weniger Stunden als viele andere Nationen, sie sind auch häufiger krank. „Deutschland steht mit 24,9 bezahlten krankheitsbedingten Fehltagen an der Spitze“, schreibt das Institut IGES in einer Auswertung für die Krankenkasse DAK. Uns folgen Lettland und Tschechien mit 20,4 beziehungsweise 19,2 Tagen pro Jahr, so das Institut. Das liegt auch am Umgang mit Krankheitstagen. In Deutschland gibt es für bis zu sechs Wochen eine volle Lohnfortzahlung, in anderen Ländern gibt es Karenztage oder weniger Lohn im Krankheitsfall. Doch nutzen wir das gute deutsche Modell nur aus? Oder sind wir überarbeitet – oder nicht fit genug für die Belastungen im Job?

Wenn der Krankenstand hoch ist, sollte sich der Arbeitgeber fragen, woran das liegt. Angebote im Rahmen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) sind daher auch mehr als ein Benefit für die Mitarbeiter, die damit vielleicht das Fitnessstudio bezuschusst bekommen. Gesundheitsangebote wie Sportkurse, Yoga oder andere Entspannungstechniken sowie auch bezahlte Vorsorgeuntersuchungen wirken präventiv und halten fit – sorgen also für einen niedrigeren Krankenstand und mehr Produktivität im Betrieb. „Unsere Muskulatur ist das größte Stoffwechselorgan. Halte ich die Muskeln fit, geht es auch den anderen Organen gut und ich bin leistungsfähiger“, erklärte Friedemann Just von Kieser in Neuss. Er merkt, dass nach der Corona-Krise inzwischen mehr Leute im Fitnessstudio trainieren als noch vor der Pandemie. Das Gesundheitsbewusstsein habe sich durch Corona in der allgemeinen Bevölkerung und bei den Arbeitgebern deutlich verändert und an Bedeutung gewonnen, so der Gesundheitsexperte. „Das Betriebliche Gesundheitsmanagement in Form von gesundheitsorientiertem Krafttraining ist eine Möglichkeit, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern und zu erhalten. Die Mitarbeiter sind gesünder, motivierter und engagierter, was insgesamt zu einer besseren Arbeitsleistung beiträgt und die Krankheitstage reduziert.“ Außerdem sei das BGM eine Wertschätzung durch den Arbeitgeber gegenüber dem Mitarbeiter, denn dieser profitiere von einem gesunden Körper beruflich und privat, so Just. Eine Win-win-Situation für beide Seiten. Und eigentlich findet sich auch für jeden etwas. „Wir haben ein Paket, aus dem sich die Mitarbeiter etwas aussuchen können und sich auch nicht nur an einen Anbieter binden müssen. Die Kosten teilen wir uns dann“, berichtete Richard Krings für die Johanniter. Eine Beteiligungsquote von zehn Prozent seiner Mitarbeiter hätte er für gut befunden, tatsächlich seien es nun 20 Prozent.

Auch bei der St. Augustinus Gruppe hat man ein dezentrales Angebot geschaffen, damit die Mitarbeiter in Wohnortnähe das Gewünschte nutzen können. Geschäftsführer Andreas Degelmann brachte hier auch noch einmal die Seelsorge als Gesundheitsaspekt mit ins Gespräch, die bereits Stephan Meiser von der Sparkasse am Beispiel eines Hilfsangebots für seine Kollegen (siehe Seite 4/5) angesprochen hatte. „Als christlicher Träger haben wir Seelsorgende in unseren Reihen –Priester, Pastoralreferentinnen und -referenten und andere ausgebildete Seelsorgende. Und wir machen auch explizit Angebote für unsere Mitarbeitenden, was eine enorme Wirkung auf ihre Zufriedenheit hat“, erzählte Degelmann. Bei 7500 Beschäftigten in der Gruppe nähmen rund 200 im Jahr ein derartiges Angebot wahr – ein kleiner Teil, der aber auch ein wichtiger Baustein des Ganzen sei.

Aber nicht nur gesund sollen die Mitarbeiter sein, sondern auch gut qualifiziert. Regelmäßige Weiterbildung hält sie auf dem aktuellsten Stand und kann ihnen auch Karrieremöglichkeiten eröffnen. Die IHK Mittlerer Niederrhein bietet rund 400 Seminare an, die zuletzt von 4000 Arbeitnehmern genutzt wurden. „Wir müssen die Bereitschaft zur Weiterbildung weiter stimulieren, denn Bildung sichert unsere Zukunft“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Er hoffe, dass das Sondervermögen der Bundesregierung auch für die Bildungsinfrastruktur genutzt werde. Er stellte im NGZ-Forum auch kurz die Pläne für den neuen IHK-Standort in Neuss vor. „Wir möchten dort einen Campus für Bildung und Innovation schaffen, um die duale Ausbildung und Weiterbildung zu stärken – vor allem mit Blick auf Themen, die eine große Relevanz für die Zukunft haben wie Nachhaltigkeit und KI.“ Der Bau des Campus‘ soll nach dem Ende der Landesgartenschau 2026 beginnen. STEFAN REINELT